Definition
Was ist eine Prostatektomie und wann kommt sie infrage?
Bei der radikalen Prostatektomie, kurz RPE, handelt es sich um einen chirurgischen Eingriff zumvollständigen Entfernen der Prostata. Diese Art der Prostata-Operation kommt für Patienten mit Prostatakrebs in Betracht, bei denen der Krebs auf die Prostata begrenzt ist und noch nicht weiter gestreut hat (metastasiert).
Auch bei lokal fortgeschrittenem Prostatakrebs, der die Kapsel der Prostata bereits durchbrochen hat, können Ärzte eine Prostatektomie in Erwägung ziehen. In solchen Fällen gilt es jedoch sorgfältig das Risiko eines Krankheitsrückfalls abzuwägen. Wenn mehrere Lymphknoten mit Krebszellen befallen sind, ist das Rückfallrisiko hoch, was eher gegen eine radikale Prostatektomie spricht. Besteht die Gefahr, dass nicht das gesamte Tumorgewebe entfernt werden kann, kommen andere Behandlungsoptionen zum Einsatz. Wird dennoch operiert, folgt in der Regel eine Bestrahlung nach der Operation.
Ziel der Prostata-OP ist es, durch das Entfernen des Organs und des angrenzenden Gewebes (manchmal inklusive betroffener Lymphknoten) eine Heilung des Prostatakrebs zu erreichen. Die Prostataentfernung gilt als Behandlungserfolg, wenn bei einer feingeweblichen (histologischen) Untersuchung keine Krebszellen an den Schnitträndern mehr festgestellt werden. Fachleute bezeichnen dies als „R0-Resektion“.
Ablauf
Methoden und Vorgehen bei der Prostata-OP
Die Prostataentfernung kann auf verschiedene Weisen je nach Zugangswegen erfolgen. Zu den offenen Operationsmethoden zählen:
- Retropubisch: Bei dieser Methode erfolgt ein Längsschnitt im Unterbauch zwischen Nabel und Schambein. Diese Technik wird auch als „offene RPE“ bezeichnet.
- Perineal: Hier wird der Schnitt zwischen After und Penis gesetzt. Diese Methode ermöglicht es jedoch nicht, die Lymphknoten mitzuentfernen.
Zu den minimal-invasiven Methoden gehören:
- Laparoskopisch: Bei dieser sogenannten „Schlüsselloch-Operation“ werden kleine Einschnitte in der Bauchdecke gemacht, die zwischen 5 und 12 mm groß sind.
- Roboter-assistiert laparoskopisch: Dabei kommt bei der OP ein Roboter zum Einsatz. Das Gerät operiert nicht allein, sondern unterstützt das Operationsteam, das die Prostata so schonend und schnell entfernen kann.
Vorbereitung der Prostata-Operation
Nach der Diagnose eines Prostatakarzinoms und der Entscheidung zu einer Prostatektomie kann der der Patient sich bereits körperlich und seelisch auf die Operation vorbereiten. Hilfsangebote wie Anleitungen für ein Beckenbodentraining oder psychoonkologische Betreuung können hierfür in Betracht gezogen werden. Darüber hinaus hilft ein aktiver Umgang mit der Erkrankung, die oft lebensverändernde und angsteinflößende Diagnose zu verarbeiten.
Am Tag vor der Operation wird der Patient ins Krankenhaus aufgenommen.
Ein Gespräch mit dem Narkosearzt findet statt, bei dem Fragen zu Allergien und Unverträglichkeiten gegenüber Narkosemitteln geklärt werden. Zudem wird der Patient über mögliche Risiken der Narkose aufgeklärt.
Außerdem gibt es ein Gespräch mit dem Chirurgen, der dem Patienten den geplanten Eingriff sowie die damit verbundenen Risiken und Folgen erklärt. Nach den Gesprächen muss der Patient schriftlich in die Prostata-OP und die Narkose einwilligen.
Ablauf der Operation
Die Operation selbst dauert etwa 2 Stunden – werden auch Lymphknoten mit entfernt, circa 3 Stunden. Abhängig vom gewählten Verfahren liegt der Patient entweder auf dem Rücken oder in der sogenannten Steinschnittlage (mit auf Stützen gelagerten Unterschenkeln und gespreizten Beinen).
Und so läuft die Prostataentfernung ab:
- Nach dem Hautschnitt werden zunächst Lymphknoten aus der Nähe der Prostata entnommen (Lymphadenektomie) und das Gewebe sofort auf Krebsbefall untersucht (Schnellschnittuntersuchung).
- Die Prostata wird ringsum freigelegt und dann die Harnröhre zwischen Prostataspitze (Apex) und Beckenboden durchtrennt.
- Die beiden Samenleiter werden durchtrennt und die Samenblasen aus ihrem Bett gelöst.
- Die letzte Verbindung oberhalb der Prostata am Blasenhals wird durchtrennt.
- Prostata, Harnröhre, Samenblasen und Samenleiter-Endstücke werden als ein Block entfernt.
- Anschließend wird die Harnröhre mit dem Blasenhals über einen eingelegten Dauerkatheter vernäht (Anastomose).
- Gegebenenfalls werden weitere Lymphknoten entfernt und Wunddrainagen eingelegt.
- Die Wunde wird verschlossen.
Die Vorgehensweise bei anderen Techniken unterscheidet sich in einigen Details. Wenn möglich, operieren die Ärzte nervenschonend, um die Nerven und Blutgefäße beidseits der Prostata zu erhalten.
Alternativen zur Operation:
Es ist nicht immer notwendig, Prostatakrebs sofort operativ zu behandeln. Abhängig von der individuellen Erkrankungssituation und dem Fortschritt der Krankheit können auch andere Behandlungsoptionen wie zum Beispiel die aktive Überwachung oder eine Bestrahlung in Betracht kommen.
Andere Prostata-OPs: Was sind TURP und TUIP?
Gut zu wissen: Es gibt noch 2 weitere Arten der Prostata-Operation, die nicht bei Prostatakrebs, sondern bei einer gutartigen Prostatavergrößerung infrage kommen:
- Transurethrale Resektion der Prostata (TURP): Dieses Verfahren ist für die Behandlung einer benignen Prostatahyperplasie (BPH) vorgesehen. Dabei wird ein chirurgisches Instrument durch die Harnröhre eingeführt, um Teile des Prostatagewebes zu entfernen, wobei die Prostatakapsel erhalten bleibt.
- Transurethrale Inzision der Prostata (TUIP): Auch zur Behandlung einer gutartigen Prostatavergrößerung gedacht, wird hierbei Gewebe am Blasenhals und der Prostata eingeschnitten, ohne Prostatagewebe zu entfernen, um mehr Platz für die Harnröhre zu schaffen.
Risiken
Welche möglichen Folgen hat eine Prostatektomie?
Wie bei jedem chirurgischen Eingriff gibt es auch bei der Prostata-Operation mögliche Kurz- und Langzeitfolgen, die es zu berücksichtigen gilt.
Die Aussichten auf Therapieerfolg und das Risiko von Nebenwirkungen hängen von mehreren Faktoren ab:
- Alter und Begleiterkrankungen: Jüngere und gesündere Patienten haben in der Regel bessere Heilungschancen.
- OP bei Erstdiagnose oder Krankheitsrückfall (Rezidiv): Die Erfolgschancen sind tendenziell höher, wenn die Prostata-OP bei der Erstdiagnose durchgeführt wird.
- Erfahrung der operierenden Ärzte: Eine Behandlung durch erfahrene Chirurgen in spezialisierte Zentren kann das Risiko von Komplikationen reduzieren.
- Stadium und Aggressivität des Tumors: Das Stadium, in dem der Tumor entdeckt wird, sowie seine Aggressivität spielen eine entscheidende Rolle für den onkologischen Erfolg der Operation. Frühzeitig erkannte und weniger aggressive Tumoren lassen sich in der Regel erfolgreicher behandeln, während fortgeschrittene und aggressive Tumoren eine komplexere Therapie erfordern und das Risiko eines Rückfalls erhöhen können.
Kurzfristige und langfristige Nebenwirkungen der OP
Nach der Prostata-Operation können verschiedene unmittelbare Folgen auftreten:
- Schmerzen: Postoperative Schmerzen sind üblich und können in der Regel gut mit Schmerzmitteln behandelt werden.
- Kleinere Blutungen: Leichte Blutungen sind nach der Prostataentfernung möglich.
- Entzündungen: Die Operationswunde oder die Blase können sich entzünden.
- Harninkontinenz: Fast jeder Patient erfährt ungewollten Harnverlust nach der Prostata-OP.
Die langfristigen Folgen einer Prostatektomie hängen davon ab, wie umfangreich die OP war und welches Verfahren angewendet wurde.
Harninkontinenz und Harnentleerungsstörungen
Eine häufige langfristige Folge ist die Harninkontinenz, die unkontrollierten Urinabgang verursacht. Sie betrifft durchschnittlich:1
- 3 Monate nach der OP: 50 Prozent der Patienten
- 18 Monate nach der OP: 4 bis 21 Prozent der Patienten
- Langzeit-Harninkontinenz: 10 bis 15 Prozent der Patienten
Erektionsprobleme (erektile Dysfunktion)
Erektionsprobleme sind eine weitere mögliche Folge einer Prostataentfernung. Kurzfristig treten sie bei den meisten Patienten nach der OP auf – häufig erholt sich die Funktion jedoch wieder auf das Niveau von vor der Operation, wenn der Chirurg nervenschonend vorgegangen ist. Bei etwa 19 bis 40 Prozent der Patienten bleiben die Erektionsprobleme langfristig bestehen.1
Das Berührungsempfinden der Haut (zum Beispiel am Penis) und die Libido bleiben bei der Prostata-OP unbeeinträchtigt. Allerdings ist kein Samenerguss mehr möglich, da alle dafür notwendigen Organe entfernt werden. Betroffene Männer behalten aber dennoch die Fähigkeit zum Orgasmus – man spricht dann von einem „trockenen Erguss“, bei dem kein Sperma mehr abgegeben wird.
Verlust der Zeugungsfähigkeit
Durch die Entfernung der Prostata, Samenblasen und Samenleiter ist ein Samenerguss nicht mehr möglich und Betroffene können auf natürlichem Weg keine Kinder mehr zeugen. Männer mit Kinderwunsch sollten sich deshalb vor der Operation über die Möglichkeit informieren, Spermien einfrieren zu lassen (Kryokonservierung).
Nachsorge
Was passiert nach der Prostata-Operation?
Nach der Prostatektomie bleibt der Patient zunächst einige Stunden zur Überwachung im Aufwachraum oder auf der Intensivstation, bevor er auf die normale Station verlegt wird. Trinken ist meist bereits am OP-Tag erlaubt; sobald der Darm wieder arbeitet, beginnt ein langsamer Kostaufbau. Am Tag nach der Operation kann der Patient in der Regel mit Hilfe des Pflegepersonals aufstehen.
Aufenthalt im Krankenhaus
Der Blasenkatheter verbleibt für einige Tage in der Harnröhre, bis die Nähte an der Anastomose (Verbindung zwischen Harnröhre und Blase) verheilt sind und die Schwellung im Bereich der Harnröhre zurückgeht. Die Wunddrainagen werden normalerweise nach etwa 3 Tagen entfernt. Der Krankenhausaufenthalt dauert je nach Verlauf einige Tage bis 2 Wochen.
Zwischen dem 3. und 10. Tag nach der Operation wird die Dichtigkeit der Anastomose mittels Röntgenuntersuchung nach Kontrastmitteleinführung in die Blase (Zystographie) überprüft. Wenn diese dicht ist, kann der Dauerkatheter entfernt werden.
Rehabilitation und Nachsorge
Einige Wochen nach der Operation beginnen die Rehabilitations- und Nachsorgeprogramme. Diese sind darauf ausgelegt, die Genesung zu unterstützen und mögliche Langzeitfolgen zu lindern.
Die Reha beginnt idealerweise direkt nach der Entlassung aus dem Krankenhaus. Sie kann stationär oder ambulant erfolgen und folgende Angebote beinhalten:
- Kontinenztraining
- Sport und Bewegungstherapie
- Beratung und Behandlung bei erektiler Dysfunktion
- Psychoonkologische Betreuung
- Sozialrechtliche Beratung zu Ansprüchen auf Unterstützung im Alltag und Beruf
- Krankheitsspezifische Beratung durch einen Urologen
4 bis 6 Wochen nach der Prostata-OP wird der PSA-Wert überprüft. Er sollte dann im „nicht nachweisbaren Bereich“ liegen (unter 0,2 ng/ml). Innerhalb von 6 bis 12 Wochen wird der Wert nochmals bestimmt. Ein Anstieg des PSA-Werts kann auf verbleibende Tumorreste oder Metastasen hinweisen, was weitere Behandlungen erforderlich macht.
Regelmäßige Nachuntersuchungen sind empfohlen, um einen möglichen Krankheitsrückfall frühzeitig zu erkennen – insbesondere in den ersten 5 Jahren nach der Operation.
Digitale Unterstützung
Zusätzlich zu den herkömmlichen Reha-Maßnahmen gibt es inzwischen digitale Unterstützungsmöglichkeiten, wie beispielsweise die Prostata-App Uroletics, die von Urologen der Uniklinik München gemeinsam mit Physiotherapeuten entwickelt wurde.
FAQ
Häufig gestellte Fragen und Antworten zur Prostatektomie
Eine Prostatektomie ist eine chirurgische Operation zur Entfernung der Prostata. Der Fachbegriff für das vollständige Entfernen der Prostata inklusive Samenblasen und Samenleitern lautet radikale Prostatektomie (RPE).
Die Prostata wird vollständig entfernt, wenn Prostatakrebs diagnostiziert wird und sich der Krebs noch auf die Prostata beschränkt hat. Eine Entfernung der Prostata kann auch bei lokal fortgeschrittenem Prostatakrebs in Betracht gezogen werden.
Es gibt verschiedene Arten der Prostataentfernung: offene (retropubisch über einen Schnitt im Unterbauch oder perineal per Schnitt am Damm) und minimal-invasive (laparoskopisch mit einer Schlüsselloch-Operation) Methoden.
Das Ziel einer radikalen Prostatektomie ist es, Prostatakrebs zu behandeln. Die Heilungschancen stehen gut, wenn der Chirurg es schafft, das gesamte Tumorgewebe zu entfernen.
Bei einer radikalen Prostatektomie werden die gesamte Prostata, die Samenblasen, die Samenleiter, ein Teil der Harnröhre und der innere Schließmuskel entfernt. Bei Bedarf werden auch die nahegelegenen Lymphknoten entfernt.
Mögliche Nebenwirkungen und Langzeitfolgen einer Prostataentfernung sind Harninkontinenz und erektile Dysfunktion. Inkontinenz kann durch Beckenbodenübungen verbessert werden. Erektionsprobleme können je nach Art der Operation variieren.
Nach einer radikalen Prostatektomie ist ein Samenerguss nicht mehr möglich, da die Samenleiter und Samenblasen entfernt wurden. Die Fähigkeit zum Orgasmus bleibt jedoch unbeeinträchtigt, betroffene Männer haben dann einen trockenen Erguss, bei dem kein Sperma mehr abgegeben wird.
Die Heilung nach einer Prostata-Operation variiert. In der Regel dauert es einige Wochen bis Monate, bis der Patient sich vollständig erholt hat. Beckenbodenübungen und Rehabilitationsprogramme können den Heilungsprozess unterstützen.
Der Krankenhausaufenthalt nach einer Prostata-Operation dauert in der Regel einige Tage bis maximal 2 Wochen, abhängig vom Verlauf der OP und dem Heilungsprozess.
Nach der Prostata-OP sind regelmäßige Nachuntersuchungen notwendig, um sicherzustellen, dass alle Krebszellen entfernt wurden und kein Rückfall auftritt. Der PSA-Wert wird regelmäßig überprüft. Rehabilitationsmaßnahmen wie Kontinenztraining, Bewegungstherapie und psychoonkologische Betreuung unterstützen die Genesung und helfen, Langzeitfolgen zu minimieren.
Quellen
- 1 „Therapie bei Prostatakrebs: Radikale Prostatektomie“. Krebsinformationsdienst, Deutsches Krebsforschungszentrum, https://www.krebsinformationsdienst.de/prostatakrebs/operation. Zugegriffen 5. Juli 2024.