Kinder mit Spina bifida brauchen nicht immer Prophylaxe gegen Harnwegsinfektionen
NEW YORK (Reuters Health) - Viele Patienten mit Spina bifida und sauberem Einmalkatheterismus profitieren nicht merklich von einer prophylaktischen Antibiotikagabe gegen Harnwegsinfektionen, berichten niederländische Wissenschaftler am 22. Oktober online im Journal of Urology.
"Es sollte in Betracht gezogen werden, die Prophylaxe zu stoppen [...] denn in vielen Fällen verhindert sie nur nicht-fiebrige Harnwegsinfektionen, die die Nierenfunktion nicht beeinträchtigen", schrieb der federführende Autor Dr. Bas Zegers in einer E-Mail an Reuters Health. "Ausnahmen sind schwerer vesikoureteraler Reflux und rezidivierende fiebrige Harnwegsinfektionen."
Zegers vom Máxima Medisch Centrum in Veldhoven und seine Kollegen berichten, dass etwa eines von 2000 lebendgeborenen Kindern an Spina bifida leidet und etwa die Hälfte von ihnen haben eine funktionelle Obstruktion des Blasenausgangs.
Der saubere Einmalkatheterismus hat geholfen, das Management der zugrunde liegenden Detrusor-Sphinkter-Dyssynergie zu verbessern, doch ob eine Antibiotika-Prophylaxe tatsächlich vor damit assoziierter Bakteriurie und Harnwegsinfektionen schützen kann, ist unklar.
Die Wissenschaftler randomisierten 176 Kinder mit einer niedrig dosierten medikamentösen Prophylaxe fortzufahren oder sie abzubrechen. 18 Monate lang wurden zweimal pro Woche Urinproben untersucht.
Vier Patienten, bei denen die medikamentöse Prophylaxe abgesetzt worden war, hatten fiebrige Harnwegsinfektionen, verglichen mit zwei der Kinder, die weiter Antibiotika eingenommen hatten, doch der Unterschied war statistisch nicht signifikant.
Das Absetzen der Prophylaxe führte jedoch zu signifikant höheren jährlichen Raten an asymptomatischen signifikanten Bakteriurien (4,58 vs. 3,64 pro Patient, p=0,002) und an nicht-fiebrigen Harnwegsinfektionen (1,52 vs. 1,07 pro Patient, p=0,003). Das bedeutet pro Jahr eine zusätzliche nicht-fiebrige Harnwegsinfektion pro 2,2 Patienten, die die Prophylaxe absetzen.
In der klinischen Praxis, so die Wissenschaftler, "müssen Patienten mit Spina bifida über einen langen Zeitraum hinweg täglich Antibiotika einnehmen, um eine einzige nicht-fiebrige, nicht narbenbildende Harnwegsinfektion zu verhindern".
Abgesehen von den genannten Ausnahmen schlussfolgert das Team, dass es für Patienten "sicher ist, die Prophylaxe abzusetzen, insbesondere für männliche Patienten, Patienten mit niedrigen Raten an Harnwegsinfektionen und Patienten ohne vesikoureteralen Reflux".
Dr. Eric A. Kurzrock vom Shriners Hospital for Children-Northern California in Sacramento kommentierte die Studienergebnisse in einem Editorial und schrieb, dass "obwohl diese Ergebnisse das widergeben, was einem der gesunde Menschenverstand sagt, ist diese prospektive Analyse wertvoll, da sie unser Vorgehen in der Praxis mit objektiver Evidenz untermauert".
Quelle: The Journal of Urology, 24. Oktober 2011