Inkontinenzchirurgie: Zwei etablierte Methoden haben Pro- und Kontra-Argumente
NEW YORK (Reuters Health) - In einer großen Studie an Frauen, die sich wegen Belastungsinkontinenz einer Inkontinenzoperation unterzogen, zeigte die Methode mit der Pubovaginalschlinge nach zwei Jahren signifikant höhere Erfolgsraten als die abdominale Kolposuspension nach Burch. Die Schlingenoperation war jedoch auch mit mehr Komplikationen verbunden.
"Ärzte sollten solche Kompromisse diskutieren, wenn sie Patientinnen Empfehlungen hinsichtlich der optimalen Methode geben, und betonen, dass der vollständige Rückgang der Inkontinenzsymptome nach der Operation unwahrscheinlich ist", schreiben die Wissenschaftler in einem Bericht, der am 24. Mai im New England Journal of Medicine erscheinen wird.
Die Ergebnisse der Studie wurden früh veröffentlicht, um mit der Vorstellung der Daten am 21. Mai bei der Tagung der American Urological Association in Anaheim zusammenzufallen.
Die Schlingenoperation und die Kolposuspension nach Burch sind zwei gut etablierte Methoden, bei denen Heilungsraten von 70 bis 85 Prozent nach fünf bis acht Jahren berichtet werden.
Bei der Burch-Methode "ist die vordere Vaginalwand (auf Höhe des Blasenhalses) mit permanenten Nähten aufgehängt, die mit dem Ligamentum ileopectineum verbunden sind", erläutern Dr. Michael E. Albo von der University of California, San Diego, und Kollegen in dem Artikel. "Bei der autologen Schlingentechnik wird ein präparierter Streifen von Rektusfaszie transvaginal auf Höhe der proximalen Urethra platziert."
Die Stress Incontinence Surgical Treatment Efficacy-Studie verglich Effektivität und Sicherheit der beiden Methoden bei 655 Frauen mit Belastungsinkontinenz: 326 Frauen wurden der Schlingemethode zugeteilt und 329 Frauen der Burchmethode. Bei insgesamt 520 Frauen (79 Prozent) erfolgte eine Beurteilung der Operationsergebnisse. Die endgültige Analyse basierte auf allen 655 Frauen.
Nach 24 Monaten waren die Erfolgsraten der Schlingenmethode signifikant höher als bei der Burchmethode, sowohl im Hinblick der Korrektur der Inkontinenz insgesamt (47 versus 38 Prozent) und der Belastungsinkontinenz im Besonderen (66 versus 49 Prozent).
Komplikationen, inklusive Harnwegsinfektionen, Entleerungsstörungen und postoperativer Dranginkontinenz, waren jedoch in der Schlingengruppe häufiger als in der Burchgruppe (63 versus 47 Prozent, p < 0,001). Die verzögerte Rückkehr zur normalen Entleerung und eine verlängerte Notwendigkeit einer Katherisierung in der Schlingengruppe könnte die höhere Rate von Harnwegsinfektionen erklären, merken Dr. Albo und Kollegen an.
"Die erhöhte Effektivität und größere Morbidität der Schlingenmethode bestätigen und quantifizieren die Ergebnisse früherer systematischer Überprüfungen und könnten einen Teil der Zurückhaltung im Einsatz dieser Methode als primäre operative Behandlung bei Belastungsinkontinenz in der Vergangenheit erklären."
Trotz der höheren Inzidenz von Nebenwirkungen waren die Raten der Zufriedenheit mit der Behandlung bei einer Untergruppe von 480 Frauen nach 24 Monaten in der Schlingengruppe signifikant höher als in der Burchgruppe (86 versus 78 Prozent). "Die Zufriedenheitsraten waren in beiden Gruppen höher als die Erfolgsraten", merken die Autoren an, "was zeigt, dass die Zufriedenheit durch Faktoren beeinflusst wird, die über den Rückgang der Inkontinenzsymptome hinaus gehen."
In einem Leitartikel schreibt Dr. Kris Strohbehn vom Dartmouth-Hitchcock Medical Center in Lebanon, New Hampshire, diese Studie liefere "wichtige Informationen für Patienten und Ärzte, wenn sie zwischen der Burchmethode und der Pubovaginalschlinge wählen müssen".
Quelle: N Engl J Med 2007;356:2143-2155,2198-2200.